DLF Kultur, Zeitfragen Feature, September 2023
„Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!“ Hinter einer der wohl bekanntesten Liedzeilen der DDR verbirgt sich ein unbekanntes Kapitel des sozialistischen Deutschlands: Die jüdische Geschichte der DDR. Neben der Remigration deutsch-jüdischer Kommunisten in die SBZ/DDR, darunter Louis Fürnberg, der Autor des „Lied der Partei“, gab es andere, in der Anzahl bescheidene Anfänge jüdischen Lebens in der DDR. Dazu zählten Überlebende der Shoa, Menschen, die aus den alliierten Lagern für DPs („Displaced Persons“) kamen, nach Hause wollten, wobei ihr Zuhause nun im Osten des geteilten Deutschlands lag. Ob religiös, kommunistisch oder weder-noch, das jüdische Leben in der DDR entwickelte sich vor einem, dem westdeutschen Narrativ teils entgegengesetzten Hintergrund. Statt „Vergangenheitsbewältigung“ gab es verordneten Antifaschismus, statt „Wiedergutmachung“ Bündnistreue zur UdSSR, die eine feindgesinnte Stellung gegenüber Israel nach sich zog. Auf diese Anfänge folgte eine zweite Generation, die zwischen Gleichheitsideal und sonderbarer Biografie, zwischen sozialistischem Idealismus und antisemitischen Anfeindungen zerrissen war. Anna Seghers, Jurek Becker, Barbara Honigmann, Albert Norden, Gregor Gysi, Thomas Brasch, Stefan Hermlin, Jürgen Kuczynski, Arnold Zweig, Irene Runge: Trotz der kleinen Anzahl von Jüdinnen und Juden in der DDR blicken viele bekannte Namen des sozialistischen Deutschlands auf eine jüdisch geprägte Biografie. Hinter ihnen stehen noch weitere hunderte, tausende Biografien von Jüdinnen und Juden aus jenem anderen Deutschland. Das doppelte Zeitfragen-Feature „Rückkehr in ein neues Deutschland? Jüdische Geschichte der DDR" kehrt zu den Orten, Personen und Geschichten dieses überraschenden Kapitels der deutschen Nachkriegsgeschichte.
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